Die Burgruine Michelstein-Granegg

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Burgruine Granegg

Seit über 600 Jahren steht die Burgruine auf dem Alt-Schloßfelsen und überwacht als Riese das Treiben, das Kommen und Gehen der kleinen Menschen unten im Tal. Standhaft hat sie alle diese Jahre den wechselvollen Naturereignissen und dem Zahn der Zeit getrotzt. Auch den im Jahre 1951 vorausgesagten Untergang hat sie heil überlebt. Nach einer Verlautbarung aus der Kreisstadt und den vielen Zeitungsberichten aus ganz Deutschland sollte der Alt-Schloßfelsen und mit ihm wahrscheinlich auch die Burgruine in absehbarer Zeit in die Tiefe stürzen und den Ort Egesheim unter sich begraben. Aber die Bewohner von Egesheim haben diese Schreckensmeldungen sicher gelassen und mit einem Quentchen gesunden Humors aufgenommen.

Burg Michelstein

Um 1100 erscheint der Name Michelstein zum ersten Mal in den schriftlichen Quellen. Bei den österlichen Zusammenkünften des schwäbischen Adels im Kloster Allerheiligen zu Schafhausen war wiederholt auch ein Reginhart von Michelstein anwesend. In den Jahren 1101 bis 1112 erscheint er sechsmal als Zeuge bei Schenkungen an das Kloster. Die Urkunden des Klosters Allerheiligen wurden 1883 veröffentlicht. Der Name Michelstein wird vom Herausgeber der Urkunden als Michelstein bei Egesheim gedeutet. Reginhart soll seinen Wohnsitz auf dieser Burg gehabt haben. So wurde allein aufgrund des Namens argumentiert, ein anderes Michelstein war ja nicht bekannt. Die Burg soll auf dem Oberburg, dem Höhenzug zwischen Bära und Anhauserbach gestanden haben. So wird auch heute noch berichtet! (vgl. Das Land Baden-Württemberg, Bd. VI, 1982, S. 634). Weniger Bedeutung wurde der Frage beigemessen, ob diese Höhenburg Michelstein um 1100 auch tatsächlich bestanden haben kann. Erst in späteren Jahren wurde diese Frage näher untersucht. So hat Hans Jänichen 1958 in seiner Abhandlung über die schwäbische Verwandtschaft des Abtes Adalbert von Schafhausen (1099-1124) festgestellt, dass „der Egesheimer Burgstall eher auf eine typische im 13./14. Jahrhundert entstandene Höhenburg schließen lässt“. Reginhart muss demnach seinen Wohnsitz anderswo gehabt haben. Übereinstimmend sind Heimatforscher zum Schluss gekommen, dass dieser Wohnsitz in den nordöstlichen Teilen des Landes Württemberg gesucht werden muß. Bei Sontheim im Stubental, Gemeinde Steinheim am Albuch, befand sich eine Burg Michelstein. Diese Burg wird zwar erst 1343 erwähnt, über ihre Entstehungszeit besteht jedoch Unklarheit. Die Ansichten über den Wohnsitz Reginharts schwanken auch heute noch zwischen Egesheim und Sontheim.  Bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts wird in den Quellen keine Burg Michelstein bei Egesheim erwähnt. Erst 1266 wird in einer Urkunde des Klosters Kirchberg, die in Balingen ausgestellt wurde, der Edle Berkerus von Michelstein als Zeuge gleich hinter Graf Friedrich von Zollern genannt. In den Urkunden der Johanniter-Kommende Rottweil werden dann in den Jahren 1272 bis 1280 wiederholt Herren von Michelstein genannt, die selbst Schenkungen gemacht oder Schenkungen anderer Personen bezeugt haben. Die Schenkungsgüter lagen in Spaichingen, nicht in Egesheim. Zu Egesheim hatten diese Michelsteiner offensichtlich keine näheren Beziehungen. Im Seelbuch der Pfarrkirche Egesheim werden sie nicht als Wohltäter genannt. Überliefert sind die Namen Perkerus, Berger Granegg3 4und Berthold, die jedoch verschiedenen Generationen angehört haben. Diese Namen waren bei den Herren von Spaichingen üblich. Aufgrund der Namensgleichheit und der Lage der Schenkungsgüter kann mit größter Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass diese edelfreien Michelsteiner ein Zweig der Herren von Spaichingen waren, die um 1250 ihren neuen Wohnsitz Michelstein gebaut haben. Fremde Herren, die Herren von Dürrwangen, sollen nach 1300 auf der Burg gewohnt haben. Für sie und ihre Ehefrauen sind im Seelbuch der Kirche drei Jahrtage eingetragen. Aber auch ihr Bleiben war nur von kurzer Dauer. Bei einem Erdbeben brach 1356 die eine Hälfte des Wohn- und Wehrturmes weg und stürzte in die Tiefe. 20 Jahre später zerstörten die Rottweiler die Burganlage weiter und plünderten sie. Seither ist Michelstein ein Burgstall, eine Burgruine. Viele Sagen ranken sich um den Untergang der Burg. Anschaulich schildert Pfarrer Alb. Aich aus Deilingen 1924 den Untergang, so wie er ihn dem Volksmundabgelauscht hatte:

 

Auf hohem, steilen Fels ragt eine Mauerwand. Die Sage kündet Frevel hier und eitlen Tand. Da oben saßen trotzig Herren von Graneck. Im Tal der Bauer front zu ihrem Unterhalt, und was sie sonst bedurft, entging nicht der Gewalt. So war dies Raubgeschlecht des ganzen Landes Schreck.

Jed’ Edelfräulein warf in Samt und Seide sich. Im Hofartieren, Buhlen Tag für Tag verstrich. Nach Egesheim ins Tal scholl ihr Gelärm und Schrei’n. Karfreitags selbst des lieben Herrgotts spotten sie. Die Sonn- und Feiertage kennt man droben nie. Die Truhen und die Keller sind ihr Heil’genschrein.

Einmal - Karfreitag war’s - da trat ein Junker fein Rasch in den Saal, mischt sich in ihre Reih’n. Woher er kam? Den Berg herauf! - Und wie er hieß? Die Damen hätten’s gern gewußt. Der Junker schwieg. - Die Ausgelassenheit zur zwölften Stunde stieg: „Hol uns der Teufel!“ - Jäh ein Schwert zu Boden stieß.

Da funkelte des Fremden  Aug’ wie falscher Katzen Unheimlich Leuchten. Seine Hände wurden Tatzen, Die schlimmer schienen als des Leu’n und Tigers Krallen. Er krallt sich fest. Er packt der Trinker Kehlen; stieß die Tische um. Und kalt durchlief es: „Was will dies? “Er faucht: „Mit Leib und Seel’ seid ihr mir jetzt verfallen!“

Zum Schauer und zum Graus der Schlemmer rings umher versinkt  jählings das Schloß mit Saal und Turm und Wehr. Ein Wimmern klingt noch hohl; dann ist’s, wie Spuk, hinweg. Nur eine Felsenspalt’ zeugt bis zum heut’gen Tag. Und eine Mauereck’, an der sich brach die Klag’. Vom Frauen- und der Ritter-Ende von Graneck.

Als „Hans Peters Küche“ hat die Felsspalte im Volksmund weitergelebt, besonders wenn im HP KuecheHerbst Nebelschwaden aus ihr hervor waberten. Um die Ruine Michelstein wurde es dann still. Wenn in späterer Zeit vom Michelstein oder vom Lehen Michelstein die Rede ist, dann muß darunter der Grundbesitz verstanden werden, der zur Burg gehört hatte. Ende des 18. Jahrhunderts waren dies noch 36 Jauchert  Ackerland. Um 1400 waren die Herren von Balgheim  Eigentümer des Michelsteins. Im Tausch gegen anderes Eigentum übereignete Burkart von Balgheim 1427 „Michelstein das Burgstall mit seinen Zugehörden, Nutzen und Gülten“ an Herzog Friedrich von Österreich, erhielt es dann aber zusammen mit anderen Stücken wieder als Lehen. Michelstein wurde so Bestandteil des Burglehens  Fridingen,  zu dem sieben Einzellehen gehörten und das in dieser Zusammensetzung bis 1793 fortbestand. 1497 verkaufte Reinhart von Balgheim das Lehen an Konrad vom Stein. Bereits 40 Jahre später veräußerte dessen Sohn Wolf Sigmund vom Stein von Steinegg das Burglehen für 2175 Gulden weiter an Hieronymus Ifflinger von Granegg. Bis 1793 blieben die Ifflinger ohne Unterbrechung im Besitz des Lehens. Die Ifflinger nannten sich nach ihrem Schloß Granegg bei Niedereschach. Im Laufe der Jahre wurde der Name Granegg dann auch auf den Burgstall Michelstein übertragen, und mit der Zeit hat er den alten Namen ganz verdrängt und in Vergessenheit geraten lassen. Es muß in diesem Zusammenhang festgehalten werden, daß sich die Ifflinger nicht nach der Burg Michelstein-Granegg bei Egesheim nannten, sondern daß die Granegg bei Egesheim ihren Namen von den Ifflingern erhalten hat. Karl Alexander Ifflinger verkaufte 1793 das im Jahr zuvor allodifizierte (in Eigentum verwandelte) Burglehen für 95.000 Gulden an die beiden Juden Emanuel und Michael Levi. Schon kurze Zeit später veräußerten diese ihren neu erworbenen Besitz an die Stadt Fridingen weiter. Von der Stadt Fridingen kam Michelstein in private Hände. Das Michelstein-Gut wurde 1831 von Thomas Sieger aus Egesheim gekauft. Inmitten des Grundbesitzes baute er den Michelstein-Hof. In kurzen Zeitabständen wechselten die Eigentümer, bis der letzte den Hof im Jahre 1872 für 10.000 Mark an die Gemeinde Egesheim verkaufte. Das Hofgut wurde aufgeteilt, der Hof abgebrochen. Aus Pietät und Familiensinn kaufte Carl Joseph Ifflinger, der Enkel Karl Alexanders, den Burgstall 1831 zurück. Sein Sohn Alfred vermachte ihn testamentarisch der Katholischen Kirchenpflege Rottweil, und diese übergab ihn 1932 dem Schwäbischen Albverein. An die 1000 Albwanderer kamen zu der feierlichen Übergabe am 12. Juni nach Egesheim. Unter Leitung von Stadtbaurat Blessing aus Rottweil wurden im Sommer die notwendigen Wiederherstellungsarbeiten an der Ruine von Maurermeister  Cajetan Stier aus Bubsheim ausgeführt. Seither ist die Granegg ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer von nah und fern.

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 Literatur: 

  • Egesheimer Heimatbuch. Eine Heuberggemeinde in Geschichte und Gegenwart, 1998, ISBN 3-89570-449-0
  • Burgruine Michelstein-Granegg